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Jakobsweg - Camino de Santiago

Als Jakobsweg bezeichnet man alle Pilgerwege in Europa, die zur Grabstätte des Apostels Jakobus, nach Santiago de Compostela führen. Der wohl bekannteste Weg ist der Camino Frances, der in den französischen Pyrenäen startet. An dessen Ausgangspunkt, in St. Jean Pied de Port, vereinen sich viele Wege aus ganz Europa zu einem Camino de Santiago. Bereits im Mittelalter war dieser Weg bekannt und galt als Hauptverkehrsachse zwischen den Königsstädten Jaca, Pamplona, Estella, Burgos und Leon.

Im Jahre 1993 wurde der Camino Frances in die Liste der Unesco Welterben aufgenommen, bereits 6 Jahre zuvor ernannte ihn der Europarat zur 1. Kulturstrasse Europas. Santiago de Compostela entwickelte sich seit dem Mittelalter, neben Rom und Jerusalem, zum dritten Hauptziel der christlichen Pilgerfahrt. Camino Wegweiser in Redecilla Camino Wegweiser in Redecilla

Jakobus der Ältere, Bruder des Evangelisten Johannes, war einer der 12 Apostel Jesu Christi. Ihm wurde nach Christus Himmelfahrt, die iberische Halbinsel zur christlichen Missionierung zugeteilt. Die Legende sagt, er habe dabei äußerst wenig Erfolg gehabt und er hätte nur wenige Mitmenschen bekehren können. Erfolglos kehrte er zurück nach Judäa, wo er unter König Herodes hingerichtet wurde. Um seinen Anhängern keine Reliquie zur Verehrung zu überlassen, wollte Herodes den Leichnam wilden Tieren zum Frass vorwerfen. Ehe dies geschah, entwendeten Mitjünger Jakobus den Leichnam und überführten Ihn nach Spanien. Man sagt das Schiff sei bei der Ankunft in Spanien, komplett mit Muscheln überzogen gewesen, weshalb die Jakobsmuschel bis heute das Erkennungszeichen der Jakobspilger ist. Jakobus letzte Ruhestätte geriet in den folgenden Jahren zunehmend in Vergessenheit.

Als der Einsiedler Pelayo im Jahre 813 den Bewohnern von San Fiz die heilige Messe las, berichten die Schriften, von zauberhaftem Sternenlicht. Kurze Zeit später fand man in unmittelbarer Nähe zum Sternenfeld (span. Compostela), drei Steinsärge, von denen einer die Aufschrift trug: Hier ruht Santiago, Sohn des Zebedäus und der Salomone. Der Leichnam im Sarg war enthauptet, auch dies verwies auf die Echtheit der Reliquie. Um den Fundort herum, entstand in den folgenden Jahren der Wallfahrtsort Santiago de Compostela.

Im Jahre 844 erschien Jakobus einer Legende nach in der Schlacht von Clavijo. (bei Logrono) Er unterstützte die christlichen Truppen beim Kampf und verhalf Ihnen zum Sieg über die Mauren. Castrojeritz Castrojeritz

Die Nachricht von der Entdeckung des Apostelgrabes verbreitete sich in der ganzen Christenheit und aus ganz Europa strömten Pilger herbei, einfache Leute, Heilige und Könige. Die Blütezeit der Jakobuswallfahrt war im 11. und 15. Jahrhundert. Das gigantische Projekt „Camino de Santiago“ wurde von Fürsten und Kirchenvätern unterstützt. Es wurden unzählige Wege und Brücken neu angelegt zudem entstand ein wahrer Bauboom in Sachen Herbergen, Kirchen, Hospitäler und Klöster. Dank der Pilger erlebten die christlichen Königreiche Nordspaniens einen enormen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung. Nicht umsonst wurde Jakobus daraufhin zum Schutzheiligen Spaniens und der so genannten Reconquista ernannt. (Als Reconquista wird die Rückeroberung des maurischen Spaniens durch die Christen bezeichnet)

Im 16. Jahrhundert lies die Pilgerbegeisterung deutlich nach. Die Hintergründe hierfür waren beginnende Kirchenreformationen und nationale Kriege, wie der zwischen Frankreich und Spanien. Die Folge war, das Herbergen und teilweise sogar ganze Ortschaften verfielen. In Foncebadon (Montes de Leon) beispielsweise fiel die Einwohnerzahl auf null. O Cebreiro in Galizien O Cebreiro in Galizien

Die heutige Renaissance der Pilgerschaft rettete Foncebadon vor dem totalen Verfall. Neben einigen Privathäusern und Pensionen wurde auch die Pfarrkirche Maria Magdalena und eine Herberge wiederaufgebaut. Erst 2005 wurde der Ort an eine moderne Wasserversorgung angeschlossen.

Die Gründe für eine Pilgerschaft sind heute wie damals verschieden.

Im Mittelalter pilgerte man um Ablass von Sünden zu erhalten oder Schuld abzutragen. Auch die Suche nach Seelenheil oder die Hoffnung bei Krankheiten geheilt zu werden trieb Menschen nach Spanien. Ein gravierender Unterschied zwischen Pilgern damals und heute sei natürlich auch erwähnt: Der heutige Pilger steigt in Santiago de Compostela ins Flugzeug und fliegt, meist innerhalb weniger Stunden, nach Hause. Pilger im Mittelalter hatten am Apostelgrab erst Halbzeit. Pilger waren, vor dem modernen Flugzeitalter, oft Monate, sogar Jahre unterwegs.

Pilgerdenkmal in Carrion de los Condes Pilgerdenkmal in Carrion de los Condes

Eine besondere Spezies waren die Strafpilger. Europäische Gerichte schickten verurteilte Straftäter nach Santiago, um Buße zu tun. Legten Sie nach Ihrer Pilgerreise die Pilgerurkunde vor, wurde Ihre Strafe (teils auch Haftstrafen) ausgesetzt. Der Sicherheit am Jakobsweg war dies natürlich nicht förderlich, überhaupt wurden im Mittelalter viele Pilger überfallen und ausgeraubt. Zum Schutz der Pilger, wurde daraufhin der Tempelritterorden gegründet.

Heutzutage pilgert man aus religiöser, spiritueller, kultureller oder sportlicher Motivation. Die Hektik unserer Zeit ist zum Fluch geworden. Nachrichten, Informationen und Lärm bombardieren den Menschen ohne Pause. Ein Leben ohne TV, Internet und Handy ist für heutige Europäer teilweise unvorstellbar geworden. Erfolgsdruck, Egoismus und Gier zerstören die Seele vieler Menschen. Das Geisterdorf Foncebadon Das Geisterdorf Foncebadon

Der Jakobsweg heilt von dieser Qual. Das geruhsame Pilgern jenseits von Zeit und Ziel ist auch ein Weg zur Selbstfindung. Der Weg lehrt den Verzicht, mehr als das was der Rucksack hergibt, besitzt man nicht. Erstaunlich wie wenig zum „Leben“ reicht, nicht selten wird heutzutage noch überflüssiger Ballast nach Hause geschickt.

Das wichtigste Erlebnis ist jedoch die Wiederentdeckung der Nächstenliebe und die Begegnung mit Menschen aus aller Welt. Sprachbarrieren oder gesellschaftliche Unterschiede zählen auf dem Jakobsweg nicht, alle Pilger gehen den gleichen Weg und wollen zum gleichen Ziel. Man lernt Menschen kennen, erfährt teilweise sehr berührende Geschichten und dann verliert man sich wieder aus den Augen. Vielleicht trifft man sich wieder, vielleicht auch nicht.

Letzten Endes genießt man natürlich auch, die atemberaubende Natur und Landschaft. Nicht wenige Stadtmenschen fühlen sich nach einigen Tagen auf dem Land, wohl und glücklich. Ein Dank gilt dafür auch den offenen und freundlichen Bewohnern der Pilgerorte. Ihre Geschichten, Wegweisungen und Teilweise auch Aufopferungen sind fixer Bestandteil am Erfolg des Jakobsweges.